Netflix: Man soll gehen, wenn es am schönsten ist

In den USA läuft die neue Quartalsberichtssaison an. Nach den Banken, die in den USA traditionell den Auftakt einer Berichtssaison machen, gehört Netflix ebenfalls zu der ersten Gruppe von Hightech-Stars, die ihre neuen Geschäftsberichte vorlegen. Im Vorfeld der Zahlen hatte die Netflix-Aktie noch mal einen deutlichen Sprung nach oben verzeichnet.

Hintergrund: Es zeichnet sich klar ab, dass die Streaming-Konkurrenz Netflix nicht das Wasser reichen kann. Nicht mal DisneyPlus vom mächtigen Disney-Konzern. Zudem profitiert Netflix von dem aktuellen Streik der Drehbuchautoren und Schauspieler in Hollywood.

Das klingt verrückt, ist es aber nicht. Netflix hat zwei große Vorteile gegenüber den Konkurrenten: Man produziert seine Serien und Movies zwölf Monate im Voraus. Der Vorlauf ist deutlich länger als bei den anderen Streamern. Während viele Streamer also im zweiten Halbjahr 2024 große Probleme mit neuen Filmen und Serien bekommen werden, kann Netflix sein vollständig geplantes Programm ausrollen.

Zudem – und das ist der zweite Vorteil – produziert Netflix international. Der Streik beschränkt sich jedoch nur auf die USA. Die internationalen Produktionen von Netflix laufen nach Plan weiter. Gleichzeitig zeigen die neuen Strategien eines günstigen, werbefinanzierten Abos und für die Trockenlegung des Sumpfes der Passwort-Teilungen große Erfolge. Kein Wunder, dass die Stimmung bei Netflix-Aktionären im Vorfeld der neuen Quartalszahlen ebenso high war wie der überhitzte Kurs der Netflix-Aktie.

Chart: Netflix

Die Aktie von Netflix hat eine Top-Formation ausgebildet. Bei einem Fall unter 410 USD droht eine neue Abwärtsbewegung. Der langfristige Aufwärtstrend ist allerdings intakt. (Quelle: Yahoo Finance)

Gemischte Zahlen für das 2. Quartal

Die neuen Zahlen für das 2. Quartal 2023: Die neuen Zahlen von Netflix fielen durchwachsen aus. Das Sahnestück war ein unerwartet starker Anstieg der Abonnenten um 5,89 Mio. neue Nutzer. Diese Zahl lag deutlich über den Analystenerwartungen von 3,0 Mio. neuen Abonnenten.

Die hohe Zahl an neuen Abonnenten geht laut Management zum Großteil auf die Aktionen gegen Passwort-Teilungen zurück. Diese Aktionen wurden inzwischen in über 100 Ländern ausgerollt, die rund 80 % der Umsätze einbringen. Die meisten der restlichen Länder sollen diesen Sommer folgen.

Das ist wichtig zu verstehen: Der Großteil der Neuabonnenten sind Fans, die bereits Netflix geschaut haben – nur eben kostenlos und ohne Abo. Sie werden nun in Abos gezogen. So hat sich die Zahl der Abonnenten für das günstige Abo-Modell mit Werbung gegenüber dem ersten Quartal fast verdoppelt. Aber es sind keine richtigen Neukunden.

So weit, so gut. Nun kommen wir zu den Enttäuschungen: Der Umsatz lag bei 8,19 Mrd. USD – und damit unter den Management-Erwartungen von 8,24 Mrd. USD und den noch optimistischeren Analystenprognosen von 8,29 Mrd. USD. Der Gewinn lag allerdings wieder über den Erwartungen: Es fiel ein Gewinn von 3,29 USD/Aktie an. Die Prognose des Managements lag bei 2,84 USD/Aktie.

Netflix enttäuscht beim Ausblick für 3. Quartal

Der Ausblick für das dritte Quartal 2023: Die Wall Street nahm die neuen Zahlen von Netflix neutral auf. Was der Wall Street jedoch nicht gefiel und für den Abverkauf der Netflix-Aktie sorgte, war der Ausblick für das jetzt laufende dritte Quartal 2023. Denn das Management reduzierte die Umsatzerwartungen.

Netflix erwartet jetzt einen Quartalsumsatz von 8,52 Mrd. USD. Doch die Analysten hatten bisher mit einem deutlich höheren Umsatz von 8,67 Mrd. USD gerechnet. Der Gewinn soll laut Management bei 3,52 USD/Aktie liegen (3. Quartal 2023: 3,10 USD/Aktie). Das ist höher als die bisherigen Analystenerwartungen von 3,23 USD/Aktie.

Aber das größte Problem: Für das dritte Quartal 2023 erwartet das Management die Neugewinnung von 4,0 Mio. zahlenden Abonnenten. Doch die Flüsterschätzungen der Wall Street – also was hinter verschlossenen Türen wirklich erwartet wird – lagen bisher bei 7,0 Mio. Neuabos. Hier verfehlte Netflix die Erwartungen der Wall Street meilenweit.

Probleme beim Umsatz pro Kunden

Der Grund dürfte jedoch darin liegen, dass Netflix die Nichtzahler durch die Passwort-Aktionen früher zu Abonnenten konvertieren konnte (also im 2. Quartal), als die Analysten erwartet hatten. Unterm Strich tut sich da nicht viel: Es würde bedeuten, dass die Analysten für das 2. und 3. Quartal 2023 mit 10 Mio. neuen Abonnenten gerechnet hatten – und Netflix dürfte rund 9,8 bis 10 Mio. Abonnenten liefern.

Aber: Wenn eine Aktie wie die Netflix-Aktie im Vorfeld schon so stark angestiegen ist, dann ist sie zur Perfektion gepreist und der Spielraum bei den Ergebnissen ist minimal. So erklärt sich der starke Kursrückgang der Netflix-Aktie nach den Zahlen. Die Wall Street denkt wie folgt: Netflix schöpft jetzt die Fans – also die mit niedrigen Marketingkosten verbundenen Abonnenten – ab, die sich bisher um ein Abo gedrückt haben.

Doch wenn man bedeutende Teile der Nichtzahler nun schon in Abo Modelle eingebunden hat, wird die Neukundengewinnen in den kommenden Quartalen schwieriger und vor allem teurer. Da die Aktionen gegen Passwort-Weitergaben im Herbst 2022 starteten, werden die Wachstumsraten bei Neukunden gegenüber den Vorquartalen nun immer niedriger ausfallen.

Doch das größte Problem: Obwohl die Zahl der Neuabonnenten im 2. Quartal 2023 fast doppelt so hoch wie die Analystenerwartungen war, lag der Umsatz unter den Erwartungen. Das ist nur möglich, wenn Netflix weniger Umsatz pro Abonnent erzielte. Sprich: Viele Altabonnenten sind in günstigere Abos gewechselt. Das bedeutet: Wenn das Wachstum bei Neuabonnenten abflaut – was wahrscheinlich ist – werden die Gewinn von Netflix sinken, wenn Netflix die Kunden nicht in höherpreisige Abos bringen kann. Der Abo-Trend zeigte im 2. Quartal jedoch genau in die entgegengesetzte Richtung.

Netflix-Aktie ist hoch bewertet

Die Netflix-Aktie ist in der Mega-Rallye der großen Hightech-Schwergewichte zu schnell zu hoch gestiegen. Zum Vergleich: Der Nasdaq Composite Index stieg in 2023 um sagenhafte +35 % an. Das ist in sich schon ein unglaublicher Anstieg. Aber die Netflix-Aktie legte im gleichen Zeitraum in der Spitze um +50 % zu.

Zudem ist die Netflix-Aktie nicht mehr günstig bewertet. Sie war günstig, als wir die Aktie in 2022 zum Kauf empfahlen. Das war der richtige Kaufzeitpunkt. Aber jetzt weist Netflix nach den Kursanstiegen für 2023 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 37 auf. Ja, Netflix wird in 2023 und 2024 ein sehr solides Gewinnwachstum aufweisen – was im Hightech-Sektor keine Selbstverständlichkeit sein wird. Aber ein KGV von 37 ist einfach teuer. Nach dem Kursanstieg um rund +150 % seit unserer Vorstellung sind die guten Nachrichten und Perspektiven für Netflix in den Aktienkurs eingepreist.

Fazit: Netflix ist ein Top-Unternehmen, dürfte AI hervorragend für die eigene Geschäftsentwicklung nutzen können und hat den Streaming-War für sich entschieden. Die langfristige Story stimmt. Aber: Bei den aktuellen Kursen ist die Aktie zu teuer. Dieser Wert ist erst nach einer deutlichen Korrektur ein neuer Kauf.

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